Wir, der Arbeitskreis Feminismus und Mutterschaft in Berlin Neukölln, haben uns gefragt: Für welches System ist Care-Arbeit eigentlich relevant? Unter welchen Bedingungen findet sie im neoliberalen Kapitalismus statt? Leider wird sie oft schlecht bezahlt, bleibt unbezahlt unsichtbar und wird nur selten wirklich wertgeschätzt. Die angemessene finanzielle Anerkennung für die Arbeit von Pflegekräften, medizinischem Fachpersonal, Erzieherinnen, Sozialarbeiterinnen, Reinigungskräften und illegalisierten Hausangestellten ist noch immer ein ferner Wunsch.
Und wie sieht es im Lockdown aus?
Die Pandemie hat uns eines deutlich gezeigt: Der Begriff „systemrelevant“ wird im neoliberalen System völlig verzerrt. Fürsorge und Care-Arbeit werden weiter marginalisiert, während das Wirtschaftssystem aufrechterhalten werden muss. Pflegekräfte arbeiten unter extremen Bedingungen, etwa trotz eigener Coronainfektion, und zusätzliche Urlaubstage für Eltern werden politisch blockiert. Gleichzeitig sichern sich die reichsten Länder der Welt 75 % der Impfstoffe, was die soziale Ungleichheit weiter verschärft.
In diesem System werden Care-Arbeit und Solidarität auf ein Minimum reduziert, während die Profite maximiert werden. Homeschooling, Homeoffice, Homecooking und -caring sind zum Alltagsstress geworden. Doch das neoliberale kapitalistische System versäumt es, diese Lücken zu füllen, und Politiker*innen unterstützen eine Ideologie, die bereits seit Jahren öffentliche Fürsorge und Gesundheitsversorgung abbaut und einem profitorientierten Management unterwirft.
Care-Arbeit folgt einer anderen Logik:
Sie ist beziehungsorientiert, individuell und braucht Zeit, Nähe und Zuwendung. Sie ist grundlegend für das menschliche Zusammenleben und das Wohl von Gemeinschaften. Doch die strukturelle Ungleichheit, die Care-Arbeit belastet, ist nicht nur patriarchal, sondern auch rassistisch und klassistisch geprägt. In der Pandemie verschärfen sich diese Ungleichheiten, und alte, patriarchale Rollenzuweisungen werden wieder verstärkt. Sie werfen ein kritisches Licht auf das Modell der heteronormativen Kleinfamilie und die damit verbundenen Erwartungen an Care-Arbeit.
Unsere Fragen sind daher drängender denn je:
Für welches System ist Care-Arbeit wirklich relevant? Und vor allem: Für welches System muss sie relevant sein?
Gegen das neoliberale Minimum!
Ein fürsorgliches, soziales und solidarisches System geht nur mit:
- Wertschätzung, fairer Bezahlung und gerechter Verteilung von Care-Arbeit
- Kollektiver Verantwortung für Fürsorge und Care-Strukturen
- Pflegen, Füttern, Trösten, Spielen, Langeweile
- Kochen und Zeit für’s Essen
- Genug Essen für alle
- Körperpflege und genug Zeit für die Toilette
- Genug Schlaf
- Soziale Absicherung und sicherer Aufenthalt
- Soziale Gerechtigkeit
- Empathie
- Zeit für Gespräche und Beziehungen
- Raum für politische Arbeit und für den Kampf gegen Rassismus, Sexismus, Klassismus, Ableismus und Adultismus
- Sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch
- Individuelle, diskriminierungsfreie Gesundheitsbegleitung bei Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft
- Reproduktive Gerechtigkeit
- Frauenhäuser
- Wohnraum für alle
- Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung
- Erbe für alle
- Zugang zu einem gerechten Bildungssystem für alle
- Grenzenlose Bewegungsfreiheit für alle
- Solidarität mit Geflüchteten und Auflösung der Lager
Die Liste ist nicht abschließend und nicht nach Prioritäten geordnet. Sie ist offen für eure Ideen und Ergänzungen!
Kommt zum digitalen Flashmob am 8. März!
Bringt ein Schild mit, auf dem eure Antwort steht: „Welche Care-Strukturen, Care-Arbeit und Fürsorgetätigkeiten sind in einem fürsorglichen, sozialen und solidarischen System_relevant oder sollten es sein?“ Was ist unentbehrlich, um dieses System zu ermöglichen?
Wir treffen uns über Zoom zwischen 10:00-10:15 Uhr und 17:00-17:15 Uhr. Schaltet eure Kamera ein, zeigt euer Schild, schaut euch an, was passiert, und verlasst das Meeting wieder. Auf diese Weise entsteht ein Video des Flashmobs, das wir öffentlich machen werden. Mit eurer Teilnahme stimmt ihr der Aufnahme und Veröffentlichung zu. Denkt daran, dass euer Name in Zoom im Video sichtbar sein wird, aber ihr könnt ihn auch ändern.
Lasst uns gemeinsam unsere Stimmen erheben und für die Wertschätzung und Anerkennung von Care-Arbeit kämpfen!