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In der modernen Gesellschaft wird die Arbeit zu Hause oft als selbstverständlich angesehen. Sie wird in gewisser Weise romantisiert und als natürliches Betätigungsfeld der Frau dargestellt. Dieser Umstand wird treffend in einem Liedtext ihres Mannes reflektiert, der besagt, dass der Haushalt sich wie von Geisterhand selbst erledigt. Es ist eine ironische Darstellung einer weit verbreiteten Einstellung gegenüber häuslicher Arbeit und Fürsorge.

Die verkannte Arbeit

Sorgearbeit ist ein allgegenwärtiger Teil des täglichen Lebens, doch wird sie oft nicht als echte Arbeit anerkannt. Diese Arbeit umfasst eine Vielzahl von Tätigkeiten: Sauberkeit im Haushalt sicherstellen, Mahlzeiten zubereiten, Kinder erziehen und ältere Familienmitglieder pflegen. Die traditionelle Annahme, dass solche Tätigkeiten kein Arbeitsverhältnis darstellen, da sie “nebenbei” und aus Liebe verrichtet werden, entwertet die Mühe und Zeit, die Frauen weltweit in diese Aufgaben investieren.

Diese Ansicht wird weiter untermauert durch die Unterscheidung zwischen beruflicher Arbeit, die entlohnt wird, und persönlicher Sorgearbeit, die ohne finanzielle Anerkennung bleibt. Ein Informatiker, der aus Interesse an seiner Arbeit Überstunden macht, wird für seine Zeit und sein Engagement bezahlt. Im Gegensatz dazu erhält eine Mutter, die sich um ihr Kind kümmert und es auf den Spielplatz begleitet, keine finanzielle Kompensation.

Statistische Ungleichheiten

Die erwähnte Oxfam-Studie von Januar 2020 legt die globalen Diskrepanzen offen: Männer werden durchschnittlich für 80 Prozent ihrer Arbeit entlohnt, während Frauen lediglich für rund 41 Prozent eine Bezahlung erhalten. Dieser Unterschied ist nicht nur ein klares Zeichen für wirtschaftliche Ungleichheit, sondern betont auch die geringe Wertschätzung, die der Sorgearbeit entgegengebracht wird.

Zeitliche und finanzielle Bewertung von Sorgearbeit

Die Zeit, die für die Sorgearbeit aufgewendet wird, ist enorm und beeinträchtigt andere Lebensbereiche wie die berufliche Laufbahn oder Freizeitaktivitäten. Würde man diese Zeit messen und in einen Stundenlohn umrechnen, käme man auf einen erheblichen Betrag, der jedoch in der realen Wirtschaft unberücksichtigt bleibt. Die unsichtbare Natur dieser Arbeit macht es schwierig, sie in den Wirtschaftskreislauf einzubeziehen und entsprechend zu bewerten.

Die WhoCares-App: Ein Schritt zur Sichtbarmachung

Um auf diese Ungleichheit aufmerksam zu machen und Sorgearbeit greifbarer zu gestalten, hat der Feministische Streik Berlin die WhoCares-App entwickelt. Diese innovative Anwendung ermöglicht es Nutzerinnen und Nutzern, ihre geleistete Sorgearbeit zu dokumentieren, zu verfolgen und in einen hypothetischen Lohn umzurechnen. Durch die Analyse von Zeit und Mühe, die in die verschiedenen Tätigkeiten fließen, erhalten die Nutzerinnen und Nutzer eine Übersicht über den Wert ihrer Arbeit. Diese Daten können auch genutzt werden, um die Verteilung der Sorgearbeit innerhalb des Haushalts zu vergleichen und Diskussionen über Gleichberechtigung und gerechte Arbeitsverteilung anzustoßen.

Bildungsarbeit und zukünftige Organisation

Die App dient nicht nur als Werkzeug zur Bewertung von Sorgearbeit, sondern bietet auch wertvolle Informationen zu diesem Thema. Sie regt Nutzerinnen und Nutzer dazu an, über die Organisation von Sorgearbeit in der Zukunft nachzudenken und wie sich diese besser in das gesellschaftliche und wirtschaftliche System integrieren lässt. Mit ihrer Verfügbarkeit im Google Play Store und im Apple App Store ist sie leicht zugänglich und zielt darauf ab, das Bewusstsein und die Wertschätzung für diese essenzielle Arbeit zu steigern.

Care-Arbeit im Fokus des materialistischen Feminismus

Die bevorstehende Diskussion auf Facebook über Sorgearbeit aus der Perspektive des materialistischen Feminismus wird die essentielle Rolle dieser Arbeit im kapitalistischen Wirtschaftssystem beleuchten. Unbezahlte Sorgearbeit ist weit entfernt von einer privaten Angelegenheit; sie ist vielmehr das Fundament, auf dem die Wirtschaft ruht. Diese Diskurse zielen darauf ab, die systematische Entwertung von Sorgearbeit zu hinterfragen und Strategien zu entwickeln, um diese Arbeit sichtbarer zu machen und entsprechend zu honorieren.

In der Gesamtschau verdeutlicht diese Thematik die Notwendigkeit, die gesellschaftliche Anerkennung von Sorgearbeit zu revolutionieren. Sie fordert einen Wandel im Denken und Handeln, sowohl auf individueller als auch auf struktureller Ebene. Nur so kann die Gleichstellung der Geschlechter vorangebracht und eine gerechte Entlohnung für alle Formen der Arbeit erreicht werden.

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