Nach der aktuellen Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung in der juristischen Literatur gilt, dass ein Arbeitskampf nur dann als rechtmäßig anerkannt wird, wenn die Forderungen innerhalb eines Tarifvertrages geregelt werden können und sich direkt an die Unternehmen richten. Ein Arbeitskampf, der sich politisch an den Staat richtet, würde demnach als unrechtmäßig betrachtet werden, da er den „falschen“ Adressaten betrifft.
Doch was bedeutet dies für unsere Handlungsmöglichkeiten und die Interpretation des Streiks? Wir wissen, dass Politikerinnen und Lobbyistinnen maßgeblich Gesetze bestimmen und somit unsere Arbeits- und Lebensbedingungen beeinflussen. Staat, Kapital und Arbeitsverhältnisse sind untrennbar miteinander verbunden. Schließlich gibt es eine ökonomisch bedingte Machtverteilung, die Einfluss auf die politische Willensbildung nimmt.
Besonders Frauen* sind von den prekären Strukturen der Arbeitswelt betroffen, da sie durch unentlohnte Haus- und Pflegearbeit einen wesentlichen Beitrag zur Produktion leisten, jedoch gleichzeitig soziale und ökonomische Abwertung sowie Ausgrenzung aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Frauen* und Feministinnen betonen seit langem, dass Arbeit nicht nur die bezahlte Erwerbsarbeit umfasst, sondern auch die unbezahlte Pflege-, Erziehungs- und Hausarbeit sowie die vielen emotionalen Unterstützungsleistungen und die unsichtbaren Tätigkeiten in Vereinen und Initiativen, in denen wir uns engagieren. Ein Frauenstreik richtet sich deshalb nicht nur gegen bezahlte Arbeit, sondern genauso gegen all diese unbezahlten Bereiche.
Das ist ein neuer Ansatz, der neue Formen und Ausdrucksweisen erfordert. Wir wollen den politischen Streik wieder ins Gespräch bringen und fordern, dass alle Bereiche, in denen Frauen* arbeiten, bestreikt werden. Wir rufen die Gewerkschaftsführungen dazu auf, zum 8. März einen Streik auszurufen und ihre Mitglieder zu mobilisieren.
Der Frauenstreik am 8. März soll dezentral stattfinden. Wir möchten unterschiedliche Formen finden und gegenseitige Unterstützung anbieten, damit Frauen in großen und kleinen Städten sowie in bestehenden oder neu gegründeten Gruppen am Streik teilnehmen können. Beim Frauenstreik 2018 in Spanien hatte die Frauenbewegung zu einem Streik aufgerufen und konnte so viel Druck von der Basis erzeugen, dass sich die Gewerkschaften gezwungen sahen, ebenfalls zum Streik aufzurufen und ihn zu unterstützen. Wie die Frauen* in Spanien am 8. März gestreikt haben und welche Formen sie dabei gewählt haben, könnt ihr hier nachlesen.